Neuheiten im Test: Beixo Compact High, das Fahrrad ohne Kette


Das Produkt

Der recht junge niederländische Hersteller 'Beixo' hat sich auf urbane Fortbewegungslösungen spezialisiert. Beim Modell Compact High handelt es sich um ein 20" Klapprad. In der Basisvariante sind 3 Gänge verbaut. Gegen Aufpreis sind 7 Gänge erhältlich, auch ein tiefer Einstieg lässt sich der Hersteller mehr kosten. Sogar Elektroantrieb ist möglich, dann wächst das Gewicht aber von 13 Kilo auf 19,7.

Die Technologie

Die Technologie selbst ist im Prinzip schon recht alt: weit über 100 Jahre. Auch in den 1980er Jahren stelle beispielsweise Fendt ein kettenloses Fahrrad her. Trick hierbei ist, dass die Kraft quasi über eine Antriebswelle mit Zahnrädern zum Hinterrad gebracht wird. Durchgesetzt hatte sich die Technik aber nicht, da die Ingenieure damals noch nicht über hochwertige Nabenschaltungen verfügten. Auch die im deutschsprachigen Raum beliebte Rücktrittbremse fällt bei diesem Hersteller leider aus Konstruktionsgründen aus, wäre aber prinzipiell machbar.
Kardanwellen sind heutzutage eigentlich nur noch bei Motorrädern geläufig. Umso größer werden also die Augen der Motorradfahrer, wenn ich mit meinem Radl aufkreuze. Übrigens: Immer wieder liest man von Erfindungen mit Elektrogenerator als Antrieb, der dann einen Motor im Hinterrad antreibt. Das klingt durchaus interessant, doch energietechnisch ist dies fragwürdig. Zumindest das Gewicht lässt sich durch die aktuelle Elektromotortechnik recht niedrig halten. Auch Modelle mit Zahnriemen an Stelle der Kette klingen im ersten Moment vielversprechend, doch diese Technik ist leider sehr fehleranfällig.
Beim Beixo Compact ist der komplette Antrieb fast unsichtbar im Rahmen versenkt und damit nahezu wartungsfrei.

Der Praxistest

Unterwegs mit dem Kardan-Faltrad Beixo Compact

Noch kurz die Sattel- und Lenkerhöhe mittels Schnellverschluss einstellen und los gehts. Trotz der kompakten Bauweise ist der Lenker verhältnismäßig hoch ausziehbar. Das gibt dem Fahrer die Möglichkeit, nahezu aufrecht zu sitzen und ist damit so bequem wie ein Hollandrad. Selbst bei 2 Meter Körpergröße soll ein Fahrer noch zurecht kommen, meint der Hersteller. Ich selbst bin mit meinen 1,83 sehr zufrieden. Auch einen Gepäckträger findet man am Heck. Kein Federdeckel, sondern Gummiseile sollen das Transportgut festhalten. Das ist ohne einen speziellen Einkaufskorb eher ungünstig.
Bei meiner ersten Testfahrt stellte ich noch eine unrunde Schaltung fest. Mittels Schraubendreher habe ich diese nachjustiert und alles funktioniert nun top. Der Schaltvorgang geschieht sehr sehr flott. Ab und zu kracht die Nabenschaltung derzeit etwas. Das könnte auch vom unsachgemäßgen Umgang (Treten beim Schalten) kommen. Der Rahmen ist solide gebaut. Bis 100 Kilo Fahrergewicht sind laut Hersteller drin. Immer wenn ich ein Knarzen in den Knickgelenken festgestellt habe, lag dies daran, dass sich die Gegenschraube gelockert hatte. Das lässt sich jedoch innerhalb von Sekunden ohne Werkzeug beheben.
Drei Gänge erscheinen in der heutigen Zeit erstmal etwas mager. Wer nicht gerade in hügeligem Gelände wohnt, wird dennoch Fahrspaß haben. Die teurere 7-Gang-Schaltung wäre alternatv auch möglich. Im Internet liest man desweiteren von Leistungsverlusten durch den zweifach gewinkelten Antrieb. In der Praxis ist hiervon eher wenig zu merken. Eine rostige Kette würde wahrscheinlich noch mehr Kraft kosten. Außerdem bin ich vielmehr froh, endlich keine Ölflecken mehr auf der Hose zu haben.
Schon bei mäßigen Geschwindigkeiten sind keine engen Wendezirkel möglich, da es sonst aufgrund der niedrigen Achse seitlich umkippen würde. Dem Fahrgefühl schadet das nicht. Vor starken Kurven ist lediglich rechtzeitig zu bremsen. Leider handelt es sich nicht um Scheibenbremsen. Ich weise außerdem auf den erhöhten Bremsverschleiß bei kleinen Rädern hin. Ein paar Jahre im regelmäßigen Alltagsbetrieb sollte die Felge aber auf jeden Fall halten - vor allem in flachem Gelände wie München.
Durch die kleine Radgröße und die Faltbarkeit darf man damit auch in vielen öffentlichen Verkehrsmittel reisen, oft sogar kostenlos. Ich selbst bin viel im MVV unterwegs, wo andere Räder nicht in Bussen erlaubt sind. Selbst im ICE findet man oft ein passendes Plätzchen für das 'Gepäckstück'. Zusammengeklappt belegt das Beixo nur einen einzigen Sitzplatz der S-Bahn. Auch in U-Bahnen kommt man wegen des kurzen Radstandes selbst im fahrbereiten Zustand noch locker rein.
Das Autoventil der Reifen lässt sich entweder an der Tankstelle füllen oder mit einer guten Handpumpe aufpumpen. Ich selbst verwende die Aldi-Fußpumpe.
Was im Alltag der dunklen Jahreszeit fehlt ist ordentliches Licht. Mit 13 Kilo fällt das Rad nicht mehr unter die Sportradregelung und würde eigentlich Dynamobeleuchtung erfordern. Die meisten Polizisten haben allerdings anderes zu tun, als Fahrradfahrer mit batteriebetriebener Beleuchtung ein Bußgeld aufzubrummen. Im Sattel des Beixo ist bereits ein schwaches LED-RÜcklicht eingebaut. Für Frontscheinwerfer muss man erstmal selbst sorgen. In der Regel übernehmen das die Fahrradhändler gerne.
Auf dem Foto rechts oben erkennt man meine ungewöhnliche 'Lackierung'. Diese hatte in erster Linie die Funktion der Diebesabwehr - man würde sofort auffallen wie ein bunter Hund. Eine Vorrichtung zum Montieren eines Rahmenschlosses ist vorhanden. Ich verwende meistens ein kurzes Zahlenschloss.
Ich bin einen ganzen Winter umher gefahren. Das agressive Salz hat dem Rahmen überhaupt nicht geschadet. Durch den geschlossenen Antrieb habe ich zudem keinerlei rostige Kette davon getragen. Lediglich der Ständer zeigt erste Anzeichen von Korrosion. Der Hersteller empfiehlt auf seiner Internetseite regelmäßige Pflege des Rahmens mit Silikonspray.

Die Vorteile und Nachteile im Ãœberblick

  • + Kardanantrieb
  • + verhältnismäßig kompakte Maße
  • + bequeme Sitzposition
  • + Alurahmen
  • O könnte leichter sein
  • O altmodische Felgenbremsen
  • - vernünftige Lichtanlage nicht serienmäßig

Fazit - Top oder Flop?

Um die letzten Meter der Fahrplanlücken zu überbrücken oder im Urlaub mitgenommen zu werden, ist das Rad auf jeden Fall empfehlenswert. Schwierig wird das Handling bei gebirgigem oder vereistem Gelände sowie fernab von Asphalt. Dank Schutzblechen und rostfreien Bauteilen eignet sich das gute Stück sogar für nasses Terrain. Leider ist werksseitig keine Sicherheits-Ausstattung gemäß Straßenverkehrsordnung eingebaut. Für mehr Geld sind allerdings viele Upgrades erhältlich. Unterm Strich also ein stimmiges Konzept.

Interessante Alternative: 20" Kardan-Faltrad "Kardanie" mit Elektroantrieb

Mit seinen 21kg ist es etwas schwerer, aber ansonsten vergleichbar. Es ist sofort lieferbar und bietet ein etwas besseres Preis-Leistungsverhältnis. Als Reichweite wird 50km angegeben. Der 250W Motor ist ohne Helm zu fahren. Für Flachland genügen auch wenige Gänge.
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"Kardanie" mit 7-Gang-Schaltung bei Amazon kaufen (1799€)

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